Vor 10.000 Jahren lebten gerade einmal um die 5 Millionen Menschen auf der Erde. Heute sind es etwa 7,5 Mrd. Unsere Zivilisation hat sich demnach prächtig entwickelt. Wir haben diesen Planeten fest im Griff. Oder sollte man doch lieber sagen „im Würgegriff“, mit dem wir uns am Ende vielleicht selbst zur Strecke bringen?

Bevölkerungsentwicklung

Ausgehend von den 5 Millionen Steinzeitmenschen wuchs die Weltbevölkerung stetig. Grund dafür waren das Sesshaftwerden und die Verbesserung der Ernährungssituation durch Ackerbau und Viehhaltung. Man schätzt, dass zur Zeitenwende etwa 200 Millionen Menschen die Erde bevölkerten. Es dauerte weitere 1300 Jahre, bis sich diese Zahl verdoppelte. Bedingt durch die mittelalterliche Pest um 1400 gab es sogar Jahre der Schrumpfung. Der eigentliche Knick nach oben wurde durch die industrielle Revolution verursacht. Die Verwendung von Maschinen, die Bereitstellung bis dahin ungeahnter Energiemengen aus fossilen Brennstoffen und große Fortschritte in der Medizin waren die treibenden Kräfte für einen Anstieg der Weltbevölkerung auf ca. 1,5 Mrd. im Jahre 1850. 1960 hatte sich diese Zahl verdoppelt. Nur 40 Jahre später, zur Jahrtausendwende, die nächste Verdopplung auf 6 Mrd.

Dieser rasante Anstieg wird von Demographen mit Begriffen wie TFR (Total Fertility Rate – Kinder pro Frau) und Sterberate bzw. Lebenserwartung näher beleuchtet. Es gibt hierzu unzählige Publikationen im Internet, die, bezogen auf die Vergangenheit, fast alle ähnliche Aussagen treffen.  Ausführlicher wird die Thematik im Artikel Entwicklung der Weltbevölkerung abgehandelt.  Nicht ganz so einheitlich sind die Extrapolationen der Gelehrten auf die Zukunft. Allein die UNO offeriert uns drei verschiedene Prognosen; mit niedrigem, mittlerem und hohem Bevölkerungswachstum. Dennoch kann man selbst diesen unterschiedlichen Prognosen zwei grundlegende Erkenntnisse entnehmen:

  1. Die Bevölkerung wächst zumindest bis 2050 weiter.
  2. Sie wächst allerdings nicht in dem Maße, wie es uns diverse Apologeten eines baldigen Weltuntergangs ständig weismachen wollen. Längerfristige Voraussagen gehen sogar davon aus, dass die Weltbevölkerung noch in diesem Jahrhundert wieder zu schrumpfen beginnt.

Überbevölkerung, Ressourcen und Standards

Die „Überbevölkerung“ wird uns von unseren Politikern und den ihnen deren angeschlossenen Medien gerne als eines der gravierendsten globalen Probleme verkauft. Natürlich ist die Frage legitim, wie viele Menschen die Erde aushalten kann. Viel wichtiger ist jedoch, diese Frage so zu beantworten, dass das menschliche Leben auf der Erde auch langfristig auf einem menschenwürdigen Niveau erhalten bleibt.
Schnell kommt man dabei zu der Erkenntnis: Nicht nur die Zahl, also ob 10, 12 oder vielleicht doch nur 5 Milliarden der Erde „angemessen“ wären, ist entscheidend, sondern auch das von uns als „menschenwürdig“ definierte Niveau. Schon heute ist klar – es können nicht alle so leben wie der durchschnittliche Europäer oder Nordamerikaner. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen geben das einfach nicht her.
Es ist demnach genauso logisch wie unvermeidlich, das Problem von zwei Seiten anzugehen:

  1. Das Bevölkerungswachstum begrenzen und
  2. Überzogene Standards senken.

Geschieht nichts dergleichen, werden „natürliche Regulierungsprozesse“ dafür sorgen, das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur auf einem von uns weder kalkulierbaren, noch gewollten Niveau neu einzustellen. Wir haben es immer noch selbst in der Hand, derartige Entwicklungen zu verhindern. Wir müssten uns dazu u.a. vom herrschenden Paradigma des „Wachstum um jeden Preis“ verabschieden. Ein Ausweg wäre es vielleicht, Wachstum ausschließlich als technischen Fortschritt zu definieren, der es uns ermöglicht, Waren so zu produzieren bzw. Dienstleistungen so anzubieten, dass dabei weniger Ressourcen verbraucht werden. So gesehen ist technischer Fortschritt auch die einzige Möglichkeit, die in den Industrieländern bereits etablierten Standards zu erhalten.

Bevölkerungsentwicklung und Lebensstandard

Reden wir ruhig noch ein wenig über Standards. Allgemein anerkannte Grundbedürfnisse eines Menschen sind ausreichend Nahrung, Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Schon hier gibt es zwischen einem durchschnittlichen Bürger der EU und – sagen wir – einem ebenso durchschnittlichen Nigerianer gravierende Unterschiede; nicht nur darin, was beide für sich selbst als angemessen sehen, sondern auch in der Frage: Wie erhalte ich meine Standards?

Der Europäer neigt dazu, auf Kinder zu verzichten, weil Kinder schließlich Geld kosten, das ihm für die Befriedigung seiner erweiterten Bedürfnisse (etwa nach einem neuen, schicken Auto) fehlen könnte. Singles und Dinkies (Double Income, no Kids) sind in Europa allerorten auf dem Vormarsch. Die Anzahl Kinder pro Frau lag 2014 in Deutschland bei 1,4. Zur Erhaltung der Population wären 2,15 notwendig. Und der Nigerianer? Für ihn sind viele Nachkommen die einzige Möglichkeit, seine Grundbedürfnisse auch im Alter abzusichern. Kritiken am deutschen Rentensystem sind durchaus angebracht – im Gegensatz zu vielen afrikanischen Staaten haben wir aber eine Altersgrundsicherung. Demzufolge betrug die Anzahl der Kinder pro Frau in Nigeria 5,6 (2014).

In dem Beitrag zur Entwicklung der Weltbevölkerung heißt es treffend:

„Länder mit einer hohen Geburtenrate und einer stark wachsenden Bevölkerung befinden sich in einem “Zirkel der Armut”, weil durch die hohe und stark wachsende Bevölkerungszahl ein zu großer Anteil des Volkseinkommens zur Versorgung der am Existenzminimum lebenden Menschen verwendet werden muss. So steht nur ein geringer Anteil für Investitionen in das produktivitäts- und einkommenssteigernde volkswirtschaftliche Produktionskapital – in Maschinen und in die Infrastruktur – zur Verfügung.“

Ein Teufelskreis – je weniger Kinder sich ein Land leisten kann, desto mehr bekommt es.

Entwicklungsländern dabei zu helfen, aus diesem „Zirkel der Armut“ auszubrechen, wäre ein guter Ansatz für den Hamburger G20 – Gipfel gewesen. Aber die Diskussion um ehrliche Investitionen in das volkswirtschaftliche Produktionskapital und die Infrastruktur dieser Länder spielte dort wohl eine untergeordnete Rolle, obwohl uns die gesalbten Worte unserer Kanzlerin etwas anderes nahelegen wollen. Die Realität sieht so aus, dass Deutschland es immer noch nicht schafft, seine an sich schon erbärmliche Selbstverpflichtung, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aufzuwenden, in die Tat umzusetzen. Hinzu kommt, dass bei weitem nicht alles Entwicklungshilfe ist,  auf das unsere Regierung ein entsprechendes Etikett klebt. Selbstredend werden aber alle Maßnahmen der EU im Rahmen fragwürdiger Freihandelsabkommen mit afrikanischen Ländern als „Entwicklungshilfe“ verbucht, obwohl diese Maßnahmen eher zum weiteren Niedergang lokaler Wirtschaftssysteme in Afrika beitragen.

Lebensstandard und Lebensqualität

Die Frage nach dem Unterschied sollten sich vor allem die gut situierten Bürger der industrialisierten Welt stellen.

Zum deutschen Lebensstandard gehört – bleiben wir ruhig wieder beim Standardbeispiel – ein möglichst schickes Auto. Aber muss es tatsächlich immer eins mit über 200 PS und entsprechendem Ressourcenverbrauch sein? Geht es nicht insgesamt manchmal eine Nummer kleiner? Muss man tatsächlich jeden schwachsinnigen Trend mitmachen, nur weil es eben trendy ist? Vielleicht wäre es vielmehr sinnvoller, gezielt dort einzukaufen, wo man anhand bestimmter Siegel zumindest vermuten kann, dass etwas mehr vom gezahlten Betrag bei den Leuten ankommt, auf deren Rücken wir unsere vergleichsweise hohen Standards sicherstellen.

Zur Lebensqualität gehört dagegen, dass man sich mit seinen Arbeitskollegen und seinen Nachbarn gut versteht, in einer harmonischen Familie lebt und Freundschaften pflegt. Das kostet alles gar nichts. Die Aufwendungen für das Lesen eines Buchs (das kann man sich ja von einem Freund borgen) oder die Teilnahme an kulturellen Ereignissen sind vergleichsweise gering, ebenso der Ressourcenverbrauch. Harmonie und Kultur können aber die Lebensqualität enorm steigern. Das funktioniert natürlich nur, wenn wir Qualität und Konsum (Standard) eben nicht in unserem Denken gleichsetzen.

 

Dazu: Unser Wahlprogramm zum Thema Familie und Gesellschaft.

https://www.piratenpartei.de/mission/wahl-und-grundsatzprogramme/wahlprogramm-btw2017/familie-und-gesellschaft/

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