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Ein Beitrag von Guido Körber, Themenbeauftragter Energiepolitik der Piratenpartei Deutschland

Kehrtwende in die nächste Sackgasse

“Freiheitsenergien”, so hat Christian Lindner in einer Bundestagsrede die Erneuerbaren Energien wortwörtlich genannt. Er hat auch klar gesagt, dass Kernkraft keine Rolle für unsere Energieversorgung spielen kann, nachdem Wirtschafts- und Klimaminister Habeck von seinem Ministerium eine unideologische Prüfung aller Optionen durchführen ließ. Wer Lindners bisherige Meinung zur Energiepolitik kennt, weiß, was für ein enormer Wandel das ist.

Aktuell wird eine Neufassung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) und zugehöriger Gesetze auf den Weg gebracht, mit der der Ausbau Erneuerbarer Energien (EE) massiv beschleunigt werden soll. Denn es ist absolut richtig: Sonne und Wind schicken uns keine Rechnungen und drohen uns nicht mit Lieferstopps, während sie andere Staaten überfallen. Eine konsequente Energiewende ist eben auch ein Friedens- und Freiheitsprojekt und so steht es auch schon lange im Programm der Piratenpartei.

Leider sind aber wieder dunkle Wolken am Horizont hinter diesem Licht am Ende des Tunnels der aktuellen Weltlage aufgestiegen.

Zu den “Sofortmaßnahmen”, um uns von der Abhängigkeit von russischen Energierohstoffen zu lösen, gehören nicht etwa solche Maßnahmen wie ein Verbot der Neuinstallation von Öl- und Gasheizungen und ein massives Förderprogramm für energetische Sanierung und Wärmepumpen. Stattdessen will man LNG-Terminals (LNG = verflüssigtes Erdgas bei ca. -163°C) bauen und den Import von Wasserstoff voranbringen.

Also anstatt sich darum zu kümmern, Dinge mit sofortiger und nachhaltiger Wirkung zu tun, werden Dinge angeschoben, die erst in mehreren Jahren einen Effekt zeigen könnten und nur eine alte durch eine neue Abhängigkeit ersetzen. Die Menge an LNG auf dem Weltmarkt ist begrenzt und es gibt nicht beliebig viele Lieferanten. Bei Wasserstoff gibt es bisher gar keine.

Weder ist also ein vielversprechendes Angebot auf dem Markt vorhanden, noch befreit uns so ein Schritt aus Abhängigkeiten. Mal ganz abgesehen davon, dass LNG für die Umwelt und das Klima noch schlechter ist als normales Erdgas, da es oft aus Frackinggas stammt und immer viel Energie für die Verflüssigung braucht. Und die potenziellen Lieferländer sehen dann auch nicht alle so toll aus. Der Vorteil von LNG aus dem Persischen Golf gegenüber russischem Gas ist wahrscheinlich, dass dort nur der Jemen bombardiert wird und der uns nicht interessiert, also ist die Beziehung nicht so belastet, so ein gelegentlicher zerstückelter Regimekritiker ist ja weniger schlimm.

Aber wir können dann ja auf die Neufassung des EEG hoffen, das bei uns den Ausbau der Erneuerbaren ganz enorm beschleunigen soll. Oder auch nicht. Zumindest nicht richtig. Der aktuelle Referentenentwurf sieht jedenfalls nicht danach aus.

Photovoltaikanlagen auf Dächern bekommen nach dem Neuentwurf nur dann einen ordentlichen Preis, wenn sie den gesamten Strom einspeisen und nicht nur den Teil, der nicht direkt im Gebäude selbst verbraucht wird. Speicher sind nur spärlich vorgesehen: Wird wirklich so gebaut, wie im Gesetzentwurf geplant, dann werfen wir tagsüber enorme Mengen Energie weg und haben nachts, oder an ertragsschwachen Tagen, zu wenig. Wahrscheinlich soll deshalb so viel LNG und Wasserstoff importiert werden, damit diese Lücken extrem teuer über Gaskraftwerke gefüllt werden können.

Herr Habeck, schmeißen Sie Ihren Beraterstab raus! Der ist offensichtlich besetzt mit Leuten, die Interesse an spezifischen Geschäftsmodellen haben: Dem Betrieb riesiger Netze, Import von Gas und Betrieb von teuren Gaskraftwerken.

Das ist keine Energiewende, das ist ein Fortschreiben der alten Geschäftsmodelle. So werden wir nicht weniger erpressbar, nicht klimaneutral und unsere Versorgungssicherheit ist in akuter Gefahr.

Wir lernen gerade schmerzhaft, dass eine falsche Energiepolitik unsere Entscheidungsfreiheit einengt, unseren europäischen Nachbarn so beizustehen, wie es notwendig ist. Das ist eine bittere Lektion, die wir nie wieder vergessen dürfen!

1 Kommentar zu “Kehrtwende in die nächste Sackgasse

  1. Ingolf Müller - Team Orangebuch

    Gut auf den Punkt gebracht – vor allem die Heuchelei unserer “Führungspersönlichkeiten”.
    Wir schreiben auch gerade an einem Artikel mit ganz ähnlicher Zielrichtung. Dürfen wir diesen auf unserer Orangebuch-Seite verlinken?

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