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Stellungnahme der AG Inklusion zu den ursprünglich geplanten Ideen des Gesundheitsministers Spahn zur Verteilung mangelhaft geprüfter Masken

Die Piratenpartei Deutschland steht für Werte, die der Regierungspartei CDU offenbar abhanden gekommen sind. Die zahlreichen Fehler und Fehlentscheidungen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) begleiten die Menschen in Deutschland nun seit Beginn der Pandemie. Von Anfang an waren Menschen mit Beeinträchtigung besonders von diesen Entscheidungen betroffen. Ob die Isolation in den Wohngruppen, der Impfpriorisierung [1] oder jüngst bei dem Vorhaben des Gesundheitsministers Spahn, Masken ohne EU-Zertifikat  u.a. an Menschen mit Beeinträchtigungen zu verteilen.[2]

Laut Spiegel plante das Bundesministerium für Gesundheit, nicht EU-zertifizierte Masken an Obdachlose, Grundsicherungsempfänger sowie an Bewohner von Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen zu verteilen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat bei diesem Vorhaben nicht mitgezogen [3]. Das BMG  bestätigte die fehlende Temperaturprüfung – welche für die Verwendung im Arbeitsbereich für den Arbeitsschutz von der EU-Kommission empfohlen wird – sowie die verlängerte Anlegeprüfung. Dies wäre jedoch auch nicht entscheidend für die Schutzfunktion, heißt es nun. Hintergrund der gesamten heiß geführten Diskussion zwischen BMAS und BMG seien unterschiedliche rechtliche Einordnungen [2].

Wenn es in der Schutzwirkung der Masken aus China gegen den COVID-19-Erreger keinerlei Bedenken gab, stellt sich uns jedoch die Frage, warum sie dann nicht gleich nach ihrer Überprüfung an alle Menschen verteilt wurden, mit dem Hinweis, dass sie nicht nach arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben anzuwenden sind.

Anstatt transparent über die Einschränkungen bei der Verwendung der Masken zu berichten, und alle Nutzenden selbst bestimmen zu lassen, ob sie für ihre Anwendungszwecke geeignet sind, wird sich über die fehlende Testung einfach ausgeschwiegen.

Dabei ist die Selbstbestimmung – gerade für Menschen mit Beeinträchtigungen – ein sehr hohes Gut, zumal ihnen diese oftmals abgesprochen wird.

“Die Selbstbestimmung wurde gerade uns schon zu anderen, schrecklichen Zeiten in anderer Weise abgesprochen. Das ausgerechnet uns nun diese Masken zugeteilt werden sollten, zeigt, wie wenig nachgedacht wird und wie wenig Sensibilität seitens der Regierung und ihrer Ministerien für uns Menschen mit Beeinträchtigungen vorhanden ist. Das hat sich ja auch schon an anderen Stellen gezeigt, wenn es um unsere Selbst- und Mitbestimmung ging, zum Beispiel beim Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPREG)”,

sagt Antonia-M. Hörster, parteiinterne Sprecherin der AG Inklusion in der Piratenpartei Deutschland. [4]

Mit dem derzeitigen Streit zwischen dem Gesundheitsministerium – geführt von der CDU – und dem Ministerium für Arbeit und Soziales – geführt von der SPD – wurde ebenso ein neues Kapitel im Bundeswahlkampf aufgemacht. Dafür Obdachlose, Sozialhilfeempfänger und Menschen mit Beeinträchtigungen zu instrumentalisieren, ist widerlich und unverantwortlich. Sie wurden nach den ersten Meldungen in Wut und Schrecken versetzt. 

Wir wurden hier in einen Fokus gerückt, der es notwendig macht, sich zu äußern. Wer auch immer dafür verantwortlich ist, dass wir Menschen mit Beeinträchtigungen hier speziell benannt wurden, zeigt, wie wenig er oder sie verstanden hat, was Inklusion bedeutet. Das Herausgreifen einzelner Gruppen trägt nicht dazu bei, eine inklusive Gesellschaft zu erreichen bzw. voranzubringen, in der jeder Mensch seinen Platz und seine Berechtigung hat. Ziel verfehlt – setzen- sechs!

Die ganze hitzige Diskussion, und viele wütende und ängstliche Reaktionen rund um das Thema wer wann was gesagt, geplant bzw. nicht geplant hat, hätte man sich sparen können, wäre transparent über das weitere Vorgehen um die Masken und ihre arbeitsschutzrechtlichen Einschränkungen seitens der Bundesregierung berichtet worden. So hat es Tür und Tor geöffnet für Spekulationen und Fakenews, und zur Verunsicherung unterschiedlicher Gruppen geführt.

Wir PIRATEN fordern daher die uneingeschränkte Aufklärung über die Schutzwirkungen der Masken und der Verwendungspläne. Sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten, dass das Gesundheitsministerium tatsächlich weniger gut vor COVID-19 schützende Masken an Menschen mit Beeinträchtigungen und andere abgeben wollte, dann ist das ein derart menschenverachtendes Verhalten, das wir in der heutigen Zeit nicht für möglich gehalten hätten. 

Wenn sich herausstellt, dass es sich um eine Wahlkampfaktion handelte, so ist diese ebenfalls menschenverachtend und widerlich – so oder so: Politische Parteien, die sich der freiheitlich demokratischen Grundordnung und dem Grundgesetz verschrieben haben, dürfen so nicht handeln. 

Einzelne schutzbedürftige Gruppen einer Gesellschaft derart in Angst zu versetzen und zu verunsichern ist unverantwortlich. Entschuldigungen müssen kommen, Rücktritte müssen passieren, von jenen die an dieser Situation die Schuld, und damit einhergehend die Verantwortung zu Tragen haben. 

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Quellen

[1] piraten-erfurt.de/blog/corona-impfpolitik/

[2] www.spiegel.de/politik/jens-spahn-weist-vorwuerfe-um-corona-masken-zurueck-fuer-den-infektionsschutz-nicht-relevant-a-19589233-21a8-4b2f-928a-fa240762f8bd

[3] www.sueddeutsche.de/politik/pandemie-management-masken-und-kein-ende-1.5313896

[4] www.bundesgesundheitsministerium.de/intensivpflegegesetz.html