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Neue Gaslieferanten lösen Energiekrise nicht – Erneuerbare vor Ort als echte Lösung

Auf dem Bundesparteitag 22.1 der Piratenpartei im Juni haben wir PIRATEN einstimmig ein Positionspapier zur Beschleunigung der Energiewende [1] angenommen. Darin wird deutliche Kritik an der viel zu geringen Geschwindigkeit der derzeitigen Bundesregierung geübt.

Die aktuelle Situation ist natürlich jahrelang verfehlter Politik geschuldet. 16 Jahre der Regierung Angela Merkel haben die Energiewende praktisch zum Stillstand gebracht. Und das, obwohl schon lange klar war, dass eine dezentrale Versorgung mit Erneuerbaren Energien nicht nur wegen des Klima- und Umweltschutzes, sondern auch wirtschaftlich und geopolitisch notwendig ist, um ungesunde Abhängigkeiten zu beenden. Dank der jahrelangen Verhinderungspolitik von CDU/CSU, FDP und SPD ist nicht nur die Energiewende zum Schneckentempo verlangsamt, sondern auch die lokale Produktion von Photovoltaik und Windkraftanlagenin Deutschland ist kaum noch existent. Was die Situation in Kombination mit den Problemen in den Lieferketten noch mehr verschärft.

Um so weniger verständlich ist es, dass sich Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck momentan nur um einige wenige Aspekte kümmert und diese dann mit etwas hilflosem Aufrufen zum Energiesparen garniert.

Eine regelrechte Fehlleistung ist der gerade aufgekommene Ansatz, wieder mehr Kohlekraftwerke einzusetzen, um weniger Gas zu verstromen. Kohlekraftwerke, insbesondere Braunkohlekraftwerke, sind extrem träge bei der Regelung und stehen deshalb im Netz oft im Weg. Aufgrund der aktuellen Regelsetzung drängen Kohlekraftwerke sogar Erneuerbare aus dem Netz.

Natürlich ist es nicht möglich, alles auf einmal auf nachhaltig umzustellen. Alleine schon wegen aktuellen Lieferprobleme und der begrenzten Kapazitäten bei der Installation. Aber auch die Versuche zum Beispiel Gas aus anderen Lieferländern zu holen, werden nur begrenzten Erfolg auf kurze Sicht haben, denn keines der Länder hat große Kapazitäten in Reserve gehalten, nur darauf wartend, dass Deutschland und Europa diese endlich nutzen werden. Verträge zu schließen, um neue Kapazitäten aufzubauen, ist auch keine Option. Die Zeit und das Geld dafür wären besser angelegt, um die betreffenden Anlagen und Prozesse auf nachhaltige Optionen umzustellen, statt weiteres Geld in fossile Investitionen zu kippen, die uns nur näher an den Abgrund bringen.

Auch wenn es notwendig ist, ausfallende Gas- und Öllieferungen zumindest teilweise aus anderen Quellen zu decken, müssen parallel dazu sofort Maßnahmen ergriffen werden, um uns dauerhaft aus der fossilen Energiefalle zu befreien.

Das groß angekündigte Osterpaket hat sich leider nicht als der große Wurf erwiesen, sondern ist eher ein kleines Kullern geworden. Wir haben den Entwurf, der unter anderem das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) verändert, im Detail kommentiert [1]. Bürokratische Hürden stehen dem Ausbau von Wind und Solar im Weg [2] und demotivieren Bauherren, Unternehmer und Investoren. Trotzdem herrscht zum Thema Bürokratieabbau weitgehend Funkstille. Dabei wären das Probleme, die sich relativ schnell ausräumen ließen.

Für neue Gasheizungen gibt es immer noch Förderungen, wenn sie eine alte Anlage ersetzen. Die verbrauchen dann zwar weniger Gas, aber bei weiteren 20 bis 30 Jahren Laufzeit ist dies dennoch eine deutliche Menge. Hier wäre eine Sofortmaßnahme notwendig, welche die Förderungen für fossile Anlagen komplett streicht und den Umstieg auf nachhaltige Lösungen wie Wärmepumpen unterstützt.

Die nächsten Probleme sind Fachkräftemangel und fehlende Produktionskapazitäten: Insbesondere im Handwerk, das PV-Anlagen, Wärmepumpen und Speicher installiert, fehlen ausgebildete Leute. Teilweise mangelt es an Fortbildungen und Auszubildenden, und so wird weiter die Gastherme eingebaut, die man seit 20 Jahren kennt. Bei den Produktionskapazitäten tut sich aktuell etwas im Bereich der Batteriespeicher und ganz vorsichtig auch wieder bei Photovoltaikzellen. Dafür ist die Produktion in der Windkraft dabei, weiter einzubrechen.

Auch hier sind massive Kampangen notwendig, die nicht sofort einen Erfolg bringen werden, sondern Vorlauf benötigen. Aber je später wir damit anfangen, um so länger dauert es.

Also, Herr Minister Habeck, bitte keine weiteren Investitionen in langfristige fossile Infrastrukturen! Unser Geld ist ganz schlecht angelegt, wenn damit neue Gasfelder erschlossen werden. Das Geld investieren wir besser in Europa, um nachhaltige Strukturen zu schaffen, in heimische Industrie, um Photovoltaik, Windkraft, Speicher und alle anderen notwendigen Komponenten herzustellen. Und in gut ausgebildete Leute, die den Wandel betreiben. Und das bitte sofort, wir haben keine Zeit mehr!

Quellen:
[1] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/06/17/bundesparteitag-verabschiedet-positionspapier-energiewende-beschleunigen/
[2] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/03/25/stellungnahme-zum-referentenentwurf-der-novelle-des-erneuerbare-energien-gesetzes-eeg/
[3] https://www.focus.de/finanzen/news/eine-erfundene-vorschrift-verhindert-dass-1000-solaranlagen-ans-netz-gehen_id_107959911.html