Kurz vor der Landtagswahl hat unser hessischer Landesverband beschlossen, vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde gegen den “Hessentrojaner” zu erheben. Dieser ist Teil des neugefassten Polizeigesetzes, das der hessischen Landespolizei das Eindringen in Smartphones und Computer durch Ausnutzung von Sicherheitslücken erlaubt. Damit dies funktioniert, werden diese Sicherheitslücken absichtlich nicht den Herstellern gemeldet – und stehen somit auch Kriminellen offen.
Klar ist: die im Eilverfahren durchgepaukten Änderungen wären bei einer Expertenanhörung durchgefallen – wenn es denn eine gegeben hätte. Gescheitert war bereits der Versuch der schwarz-grünen Landesregierung, dem Verfassungsschutz den “Hessentrojaner” in die Hand zu geben. Dass nun die Polizei so ein gefährliches Instrument erhält, ist allerdings keineswegs besser. Schon der Einsatz staatlicher Trojaner an sich stellt einen eklatanten Verstoß gegen die Vorsorgeprinzipien des Staates in Bezug auf den Schutz der Zivilbevölkerung dar. Grundgesetzlich garantierte Rechte werden massiv und unverhältnismäßig einschränkt und unser aller Sicherheit gefährdet.
Was passiert, wenn man für staatliche Hacker Sicherheitslücken offen lässt, konnten wir gerade erst bei “Wannacry” sehen. Die zugrundeliegende Sicherheitslücke war für eine Schadsoftware der NSA offen gelassen worden. Später wurde diese Lücke von Kriminellen zu Erpressungszwecken missbraucht. Sie hatten Daten verschiedener Unternehmen verschlüsselt, darunter sogar Zugzielanzeiger der Deutschen Bahn und IT-Systeme zahlreicher Krankenhäuser. Wer bewusst solche Gefahren schafft, handelt grob fahrlässig. Wir fordern schon seit langem, daß gefundene Sicherheitslücken unverzüglich den Herstellern gemeldet werden müssen, damit sie geschlossen werden können. Jeder hat ein Anrecht auf eine intakte IT-Infrastruktur.
Erschreckend, mit welcher Hartnäckigkeit die etablierten Parteien – inklusive der Grünen – trotz diverser eindeutiger Gerichtsurteile auf verschiedenen Ebenen fortgesetzte Versuche unternehmen, Überwachungs-Regelungen in Gesetzestexte zu gießen. Angesichts dieser immer massiver um sich greifenden Tendenzen braucht es im hessischen Landtag einen vernünftigen Gegenpol – Piraten stehen bereit!
“…gerade erst bei ‘wannacry’ sehen…” – Gemessen an dem Fortschritttstempo im IT-Bereich ist die Zeitangabe kritikwürdig.
Ich stimme der Wahl des Beispiels wegen des bereits soweit aufgeklärten Hintergrundes zu, es illustriert das Problem gut. Aber Sicherheitslücken gibt es quasi täglich neue, und solche, die für den Normalbürger wesentlich sind, wurden gerade erst bei Facebook und Google+ offenbar: Diese anhaltende Bedrohungslage sollte Erwähnung finden!
Wirklich Kritikwürdig bei diesem Beitrag finde ich auch das Fehlen des aus politischer Sicht wichtigen Hinweises auf das Missbrauchspotential der Gesetzeslage und der von Ihnen geschaffenen Datenschutzlücken. Insbesondere für den Fall, dass eine neofaschistische Partei in eine Position gelangt, in der sie und ihre Gesinnungsgenossen das für Gleichschaltungen und Säuberungen missbrauchen kann.